Österreichische Netzkunst gegen Rassismus


Am 12. November gingen in Wien Zigtausende auf die Straße, um gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in Österreich zu demonstrieren. An der räumlichen, zeitlichen und quantitativen Peripherie der Großkundgebung veranstalteten einen Tag davor verschiedene Wiener Szenelokale und Vertreter des Kulturbetriebes eine "Aktionsnacht" im Sinne des multikulturellen Anliegens.

Genau einen Monat später, am 11. Dezember, wird noch eine Ladung Gesellschaftskritik nachgeschossen: fremd.netz - eine Veranstaltung von Public Netbase t0 Media~Space. Verschiedene (Medien-)Künstler artikulieren die Begriffe "Entfremdung" und "Befremden" künstlerisch und politisch im öffentlichen Raum.

Medienkünstlerische Politik

Florian Sedmak von t0 public netbase über die Zielgruppe der Veranstaltung: "Wir wenden uns an alle, die am Spannungsfeld zwischen Kunst, Medien und Politik interessiert sind und vor allem an jene, an denen die Nationalratswahl vom 3. Oktober nicht spurlos vorbeigezogen ist."

Mit dabei ist auch der österreichische Netzkünstler Franz Xaver, dessen Installation Fremdsteuerung man live vor Ort in der U2-Station Babenbergerstraße (von 18.30 bis 24 Uhr) und im Netz verfolgen kann.

Mit Keule und Lendenschurz

Mit einem monströsen 8-Bit-Rechner aus der Computersteinzeit und einem reichhaltigen Sortiment an Haushaltsgeräten versucht der Künstler, die Funktionstüchtigkeit von Herrn und Frau Östereicher darzustellen. Im Internet dürfen User via "Fremdsteuerung" über die Gerätschaft "verfügen", sie im Raum umherbewegen und beliebig anordnen.

Die Installation zielt darauf ab, Mechanismen politischen Handelns offenzulegen. Mit der Beantwortung der Frage, welches Ergebnis von diesem Wagnis zu erwarten ist, bleibt der Mensch in diesem stark frequentierten Zugang zum Hauptverkehrsmittel der großen Stadt - der U-Bahn - zuletzt sich selbst überlassen. (Siehe Geschichte Netzkunst-Vorfahren)

Balkan: die Zeit danach

Ganz im Sinne des multikulturellen Anliegens von fremd.netz wird auch der Initiative Period After Raum zur Präsentation geboten. Hauptanliegen von Period After ist ein multi-ethnisches Umfeld der Kooperation und Integration. Das Projekt arbeitet mit unabhängigen Stimmen und Organisationen aus der Balkanregion zusammen, die sich derzeit durch Propaganda, sowie soziale und materielle Desintegration unter Druck befinden und an den Folgen der Luftangriffe leiden. Der Initiative gehören unter anderem das Freie Mediennetzwerk ANEM, der Radiosender B92 und RTV 21 Kosovo an.

"Die Freilichen" im Focus

Ebenfalls präsentiert wird im Rahmen von fremd.netz René Udovicic' Film Die Schleiche (siehe Geschichte Polit-Satire), entstanden in Zusammenarbeit mit dem Künstlerkollektiv monochrom. Impetus für den Film war ein gemeinsames politisches Unbehagen. Erzählt wird vom Aufstieg der rechtsnationalen Partei "die Freilichen" und von deren "Führer" Jakob Toiter.

Net-Sound mit Anliegen

Als Abschluss der Protest- (gegen Rassismus) und gleichzeitigen Solidaritätsveranstaltung (für Ausländer) experimentieren die Klangkünstler lo-ser und Echelon in den Tiefen der U-Bahnstation mit fremdartigen, von der Internet-Software earshot (Jason Skeet, Andi Freeman) generierten, netzbasierten Klängen.

Florian Sedmak über die Einbindung in Get to attack: "Get to attack möchte einmal pro Monat, jeweils um den 11. herum, im öffentlichen Raum präsent sein. Die Veranstaltungen haben immer mit der aktuellen politischen Lage zu tun, wie man ja auch bei uns an der Auswahl der Projekte deutlich sehen kann."

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